AHV-Reform – was ändert in der zweiten Säule?

Vorsorgereform
Die Reform AHV 21 wurde mit einer knappen Mehrheit angenommen. Neben den Anpassungen in der ersten Säule bringt die Reform auch in der zweiten Säule Veränderungen mit sich. Gerade diese Anpassungen sind im Bereich von (Pensions­) Planungen sehr wichtig, weshalb sich ein Blick darauf lohnt.
5. Januar 2023
Geschrieben von
Cyrill Habegger
Leiter Steuern, dipl. Steuerexperte

Am 25. September 2022 haben Volk und Stände die Reform AHV 21 mit einer knappen Mehrheit angenommen. Daran gekoppelt war eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, welche am gleichen Tag an der Urne ebenfalls angenommen wurde. Etwas weniger Aufmerksamkeit erregte die Tatsache, dass die AHV-Reform auch im Bereich der zweiten Säule gewisse Veränderungen mit sich bringt. Obwohl die Reform voraussichtlich erst per 1. Januar 2024 in Kraft tritt, sind besonders diese Anpassungen für die (Pensions-)Planungen wichtig.

Es wurde im Vorfeld zur Abstimmung und danach viel geschrieben. Unter anderem über die Erhöhung des Referenzalters für die Frauen oder die flexible Pensionierung in der ersten Säule inklusive angepasste Kürzungssätze respektive Zuschläge bei frühzeitigem oder späterem Rücktritt. Aber auch über den Rentenzuschlag für die Übergangsgeneration und die erweiterten Möglichkeiten bei Weiterarbeit über das Referenzalter hinaus. Diese Aspekte sind wichtig für eine saubere Pensionsplanung. Jedoch sind im Bereich der zweiten Säule weitere Planungsmöglichkeiten und Stolpersteine zu beachten.

Teilpensionierung
Zwar boten die allermeisten Pensionskassen eine Teilpensionierung schon an, mit der Reform ist die Möglichkeit zur Teilpensionierung in der zweiten Säule nun aber gesetzlich verankert. Die diesbezüglichen Bestimmungen sind in Art. 13a BVG zu finden. Wie bei der AHV können die versicherten Personen zunächst einen Teil der Altersleistung beziehen. Danach sind in einem zweiten und eventuell dritten Pensionierungsschritt die volle Rente, respektive einer oder mehrere Kapitalbezüge, möglich. Die Vorsorgeeinrichtungen können auch darüber hinausgehen und mehr Teilpensionierungsschritte erlauben. Diese Regeln gelten sowohl für den obligatorischen Teil des versicherten Gehalts als auch für ausserobligatorische Lohnkomponenten.

Vom zeitlichen Rahmen her ist die Regel so, dass das Referenzalter auch in der zweiten Säule, unabhängig vom Geschlecht, bei Alter 65 liegt. Gesetzlich ist ein erster Teilpensionierungsschritt mit einem Leistungsbezug aus der zweiten Säule ab Alter 63 möglich. Die Vorsorgeeinrichtungen können ein tieferes Alter vorsehen, was viele bereits heute tun. Der frühestmögliche Pensionierungszeitpunkt in der 2. Säule bleibt bei 58 Jahren und auch der Aufschub der Altersleistung ist weiterhin maximal bis Alter 70 möglich. Der Aufschub bedingt, dass man weiter erwerbstätig ist.

In allen Konstellationen, und unabhängig vom konkreten Vorsorgereglement, ist zu beachten, dass der Bezug der Altersleistung in Kapitalform in höchstens drei Schritten erfolgen darf.

Ob der Gesetzgeber vorhatte, mit den «maximal 3 Kapitalbezügen» auch Kapitalbezüge aus Freizügigkeitsgefässen oder gar ausländischen Vorsorgesystemen miteinzubeziehen, ist fraglich. Im Vorfeld zur Abstimmung hörte man verschiedentlich, dass die steuerlich motivierte Norm nur dann ihre volle Wirkung entfaltet, wenn alle Kapitalbezüge aus der zweiten Säule erfasst würden (also auch Freizügigkeitsgelder). Dies scheint aufgrund der Formulierung der gesetzlichen Bestimmungen aber so nicht vorgesehen; spannend und nachvollziehbar sind die diesbezüglichen Ausführungen von Dr. Peter Lang in der Steuerrevue 9/2022.1 Im Artikel führt der Autor aus, dass zwar über mehrere Vorsorgewerke bei einem Arbeitgeber konsolidiert wird, nicht jedoch über aktive Vorsorgewerke bei verschiedenen Arbeitgebern hinaus und auch Freizügigkeitsgefässe von der Restriktion nicht erfasst werden.

Es wäre also weiterhin möglich, die Pensionierung in drei Schritten mit jeweils einem Kapitalbezug zu planen, gefolgt von weiteren Kapitalbezügen aus Freizügigkeitsgefässen. Dasselbe muss gelten, wenn noch aus ausländischen Vorsorgewerken Kapitalien bezogen werden. Natürlich spielen auch Überlegungen der Steuerumgehung hinein. So zum Beispiel wenn die Freizügigkeitsgefässe ungerechtfertigterweise entstanden oder beibehalten wurden (Vorsorgegelder wurden nicht in notwendigem Umfang in PK-Lösungen eingebracht, sondern verblieben in der Freizügigkeit). Hier dürfte zumindest eine Zusammenrechnung der späteren Bezüge aus Freizügigkeitsgefässen mit dem letzten Kapitalbezug aus der Pensionskasse erfolgen. Dass Säule 3a-Guthaben nicht von der Beschränkung erfasst sind, scheint klar. Hier sind aber so oder anders kantonale Besonderheiten zu beachten; gewisse Kantone korrigieren heute schon bei «zu vielen» Kapitalbezügen. Ob die steuerlich motivierte Neuregelung zu einer Vereinheitlichung der diesbezüglichen Praxis führen wird, ist abzuwarten; dies wäre aber sehr zu begrüssen.

Aufschub des Bezugs von Freizügigkeitsguthaben

Ein weiterer Punkt im Bereich der beruflichen Vorsorge ist die Frage nach dem Aufschub der Freizügigkeitsguthaben. Dass es möglich ist, Freizügigkeitsguthaben bis Alter 70 ohne Erwerbstätigkeit «stehenzulassen», ist vielen ein Dorn im Auge. Entsprechend war in der ersten Botschaft zur AHV-Reform eine Anpassung der Freizügigkeitsverordnung vorgesehen, sodass auch dort der Aufschub der Altersguthaben über das Referenzalter hinaus an die Fortführung der Erwerbstätigkeit geknüpft wird, wie das in der aktiven Pensionskasse und in der Säule 3a bereits heute der Fall ist.

Der Bundesrat hat nun tatsächlich die Anpassung von Artikel 16 Freizügigkeitsverordnung in die Vernehmlassung geschickt. Er will damit erreichen, dass zukünftig auch Freizügigkeitsguthaben nur noch dann bis Alter 70 weitergeführt werden dürfen wenn man erwerbstätig ist.

Fazit
Zusätzlich oder in Kombination mit bereits bestehenden Möglichkeiten (z. B. Weiterversicherung des bisherigen Lohnes nach Art. 33a BVG) bestehen bei Teilpensionierungen und Pensenreduktionen aufgrund der durch die AHV-Reform implementierten Änderungen im BVG weitere Planungsmöglichkeiten. Gleichzeitig wurden aus steuerlicher Optik gewisse Einschränkungen geschaffen. All dies gilt es gesamthaft zu beurteilen, um einen gewünschten Altersrücktritt, der dann auch finanziell verkraftbar ist, zu planen.

Art. 13a Teilbezug der Altersleistung

  1. Die versicherte Person kann die Altersleistung als Rente abgestuft in bis zu drei Schritten beziehen. Die Vorsorgeeinrichtung kann mehr als drei Schritte zulassen.

  2. Der Bezug der Altersleistung in Kapitalform ist in höchstens drei Schritten zulässig. Dies gilt auch, wenn der bei einem Arbeitgeber erzielte Lohn bei mehreren Vorsorgeeinrichtungen versichert ist. Ein Schritt umfasst sämtliche Bezüge von Altersleistungen in Kapitalform innerhalb eines Kalenderjahres.

  3. Der erste Teilbezug muss mindestens 20 Prozent der Altersleistung betragen. Die Vorsorgeeinrichtung kann einen tieferen Mindestanteil zulassen.

  4. Die Vorsorgeeinrichtung kann im Reglement vorsehen, dass die ganze Altersleistung bezogen werden muss, wenn der verbleibende Jahreslohn unter den Betrag fällt, der nach ihrem Reglement für die Versicherung notwendig ist.

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Geschrieben von
Cyrill Habegger
Leiter Steuern, dipl. Steuerexperte