Babypause und Teilzeitarbeit

Praktische Tipps
Mit der richtigen Anlagestrategie können Lücken in der Vorsorge fast geschlossen werden.
1. April 2021
Geschrieben von
Nicole Büchi
Leiterin Region Zentralschweiz und Mittelland

Arbeits- und Familienmodelle sind heute zwar vielfältiger denn je mit Teilzeitarbeit und geteilter Familienbetreuung. Zwischen den Geschlechtern gibt es dennoch grosse Unterschiede. Mit erheblichen finanziellen Konsequenzen für Frauen. Das Private Banking ist gefordert, denn die Zahlen sprechen für sich: Während jeder fünfte Mann Teilzeit arbeitet, sind es bei den Frauen drei von fünf . Meistens übernehmen Frauen den grösseren Teil der Kinderbetreuung. Verdient der Partner gut oder ist im Job stark engagiert, reduziert oder unterbricht meistens die Partnerin ihre Berufstätigkeit. Das hat für die betroffenen Frauen einschneidende finanzielle Konsequenzen. Teilzeitarbeit bedeutet zunächst einen tieferen Lohn. Wird die Erwerbstätigkeit ganz aufgegeben, entfällt die Versicherung in der Pensionskasse sogar vollständig. Ein tieferes Einkommen führt zu Lücken in der Vorsorge und im privaten Vermögen. So erhält fast die Hälfte der Frauen keine Pensionskassenrente. Bei der anderen Hälfte ist die Pensionskassenrente durchschnittlich 63% tiefer als die der Männer. Aufgrund der Teilzeitarbeit oder des Erwerbsunterbruchs sparen Frauen weniger und haben daher weniger Vorsorgevermögen. Häufiger als Männer investieren Frauen auch ihr privates Vermögen nicht. Dabei wäre dies umso wichtiger, wenn in der Pensionskasse nicht oder nur wenig angespart wird. 

Lücke frühzeitig schliessen

Mehr als 60% der Frauen lösen die ungenügende Vorsorgesituation vermeintlich, indem sie die Finanzen an den Partner delegieren. Vier von fünf Frauen werden im Laufe ihres Lebens zu einem schlechten Zeitpunkt doch noch mit dem Thema konfrontiert, wenn nämlich der Partner stirbt oder die Beziehung auseinandergeht. Was also ist zu tun? Das folgende Beispiel zeigt, welche Auswirkungen ein zehnjähriger Erwerbsunterbruch auf das Guthaben in der Pensionskasse hat und was dagegen unternommen werden kann. Die gute Nachricht ist: Es gibt durchaus Möglichkeiten, die Lücke in der zweiten Säule zu verkleinern. Im Idealfall kann sie sogar ganz geschlossen werden. Elena (Name ausgedacht) ist Mitte dreissig, hat studiert, ist verheiratet und erwartet das erste Kind. Sie möchte sich Zeit für die Familie nehmen. Da ihr Ehemann einen sehr guten Lohn hat und karrierebewusst ist, gibt Elena ihre Arbeit auf. So kann zumindest ein Ehepartner seine Karriere zu 100% weiterverfolgen. Wegen der Erwerbsaufgabe muss Elena ihr Pensionskassenguthaben auf ein Freizügigkeitskonto oder -depot überweisen. Da das Guthaben ihr gehört, kann sie selbst entscheiden, ob und wie sie es anlegen möchte. Vor der Erwerbsaufgabe prüft Elena, ob sie zusätzlich Geld in ihre Pensionskasse einzahlen soll. Gemäss ihrem Pensionskassenausweis beträgt der maximale Einkauf 35 000 Fr. Um die Vorsorgelücke zumindest etwas auszugleichen und die Steuern (die vorläufig letzten als Doppelverdiener) zu reduzieren, nimmt sie den Einkauf in die Pensionskasse vor. Da Elena eine längere Auszeit plant, überlegt sie, ob sie das Kapital investieren soll. Bei einem Freizügigkeitskonto wird ihr Guthaben aktuell – und dies gilt vermutlich auch für die folgenden Jahre – gar nicht oder kaum verzinst. Investiert sie ihr Freizügigkeitsguthaben hingegen mit einer höheren Aktienquote, schmälert die Rendite die Vorsorgelücke möglicherweise wesentlich. Elena erzielt die Rendite auch auf ihrem Einkauf von 35 000 Fr., der so einen zusätzlichen positiven Effekt hat. 

Drei Szenarien

Die Grafik unten zeigt drei Szenarien, wie sich Elenas Vorsorgevermögen zwischen 35 und 45 Jahren entwickelt. Nimmt Elena keine Auszeit, kauft sich nicht in die Pensionskasse ein und bleibt in ihrer bisherigen Pensionskasse versichert, ergibt sich ein Guthaben von rund 325 000 Fr. im Alter 45 (rote Kurve). Lässt sie ihre Freizügigkeitsleistung während der ganzen zehn Jahre auf einem zinslosen Freizügigkeitskonto (blaue Kurve), bleiben ihr nur rund 172 000 Fr. – also knapp die Hälfte weniger. Investiert Elena ihre Freizügigkeitsleistung hingegen, reduziert sich diese Differenz erfahrungsgemäss massgeblich. Mit einer durchschnittlichen Rendite von 5% ergibt sich bereits ein Guthaben von rund 267 000 Fr. im Alter 45 (schwarze Kurve). Mit einer Rendite von rund 7,5% wird die Differenz sogar ganz ausgeglichen. Dank der Investition höhlt die Babypause Elenas Vorsorge nicht aus. Elena hat zudem wertvolle Anlageerfahrungen gesammelt und ist nun bereit, auch ihr Privatvermögen zu investieren. Unabhängig davon, wie sich ihr Privatleben entwickelt, hat sie ihre Finanzen selbst im Griff. 

Fallbeispiel
Geschrieben von
Nicole Büchi
Leiterin Region Zentralschweiz und Mittelland