Das Echo der Vergangenheit
Die Kernpunkte der damaligen Revision – Senkung der Eintrittsschwelle, Anpassung des Koordinationsabzuges und Reduktion des Umwandlungssatzes – stehen wieder zur Diskussion. 2005 wurde die Eintrittsschwelle für die berufliche Vorsorge von 25 320 Franken auf 19 350 Franken gesenkt. Diese Anpassung brachte 100 000 zusätzliche Personen in die Pensionskassen. Heute soll die Eintrittsschwelle von 22 050 Franken auf 19 845 Franken gesenkt werden. Interessanterweise ist die Reduktion diesmal weniger drastisch als vor 20 Jahren.
Ein variabler Koordinationsabzug
Auch der Koordinationsabzug – der Betrag, der von der Lohnsumme für die Pensionskassenbeiträge abgezogen wird – wurde damals gesenkt. Der fixe Betrag wurde von 25 320 Franken auf 22 575 Franken reduziert, was den versicherten Lohn automatisch erhöhte. Heute soll der fixe Betrag durch eine variable Komponente ersetzt werden, die 20 % des AHV-Lohnes beträgt. Diese Neuausrichtung soll es insbesondere Teilzeitmitarbeitenden und Personen mit tieferen Löhnen ermöglichen, besser für die Zukunft vorzusorgen. Der fixe Koordinationsabzug von 25 725 Franken wirkt für diese Gruppen besonders belastend.
Der Umwandlungssatz im Wandel
Ein markanter Unterschied zwischen der damaligen und der heutigen Revision betrifft den Umwandlungssatz – den Prozentsatz, mit dem das Altersguthaben in eine Rente umgewandelt wird. 2005 wurde der Umwandlungssatz von 7.2 % auf 6.8 % gesenkt, jedoch schrittweise über einen Zeitraum von zehn Jahren. Heute soll der Satz von 6.8 % auf 6.0 % gesenkt werden, und das ohne Übergangsfrist, aber mit gezielten Ausgleichsmassnahmen, um die doch starken Auswirkungen abzufedern.
Die Frage, warum die Senkung des Umwandlungssatzes diesmal ohne Übergangsfrist vorgenommen werden soll, ist berechtigt. Während die damalige schrittweise Reduktion auf eine lange Umsetzungsdauer setzte, ist die heutige Reform drastischer und sofort wirksam. Der grössere Rückgang des Umwandlungssatzes könnte die Dringlichkeit unterstreichen, doch die fehlende Übergangszeit stellt eine Herausforderung dar.
Blick in die Zukunft
Am 22. September stehen wir vor der Entscheidung über eine Reform, die viele notwendige und sinnvolle Elemente enthält. Dazu gehören die Verbesserung der Vorsorge für Tieflohnempfänger:innen und Teilzeitarbeitende sowie bessere Anschlussmöglichkeiten für Selbstständige. Letzteres wird oft nur am Rande erwähnt, obwohl fast jeder zehnte Erwerbstätige in der Schweiz selbstständig ist.
Sollte die Reform abgelehnt werden, bleiben die aktuellen Bedingungen bestehen: Der Umwandlungssatz bei 6.8 %, die Eintrittsschwelle bei 22 050 Franken und der fixe Koordinationsabzug. Teilzeiterwerbende werden weiterhin benachteiligt.
Die Frage, ob die Reform überladen oder die Prioritäten falsch gesetzt wurden, bleibt offen. Die gescheiterten Reformversuche von 2010 und 2017 zeigen zudem, dass eine komplexe und schwer verständliche Reform beim Volk nicht immer Anklang findet. Vielleicht hätte ein Blick ins Jahr 2005 geholfen, um Herausforderungen besser zu bewältigen und einen ausgewogenen Vorschlag zu entwickeln.
Der Ausgang der kommenden Abstimmung bleibt ungewiss. Die heutige BVG-Reform könnte entweder als notwendiger Fortschritt oder als verpasste Gelegenheit in die Geschichte eingehen.
* Dieser Artikel enthält die Sozialversicherungskennzahlen per 2024. Die Sozialversicherungskennzahlen ändern sich gemäss Mitteilung des BSV vom 28.8.2024.