Hintergrund: Warum wird die Besteuerung überdacht?
Der Staat braucht mehr Geld, weil die Ausgaben für Altersvorsorge (AHV), die Armee und andere Bereiche stark steigen. Eine Expertengruppe hat deshalb Vorschläge zuhanden des Bundesrates erarbeitet, wie der Bund Kosten einsparen und zusätzliche Einnahmen erzielen könnte. Aus steuerlicher Optik wird ein Vorschlag weiterverfolgt: die Anpassung der Besteuerung von Kapitalbezügen aus der Vorsorge.
Wie funktioniert die Besteuerung heute?
Kapitalbezüge aus der 2. und 3. Säule werden – im Unterschied zum Rentenbezug – getrennt vom übrigen Einkommen zu einem reduzierten Steuersatz besteuert.
Die Höhe der Steuer ist kantonal unterschiedlich. Auf Ebene der Bundessteuer ist die Steuer jedoch für alle gleich.
Was wird vorgeschlagen?
Künftig könnte die Besteuerung der Kapitalbezüge deutlich komplizierter und teurer werden:
Simuliertes Jahreseinkommen: Der Kapitalbezug wird in eine Jahresrente umgerechnet.
Zum Beispiel werden 500 000 Franken Kapitalbezug in 20 Teile (25 000 Franken pro Jahr) zerlegt. Dies simuliert eine Jahresrente.
Neuer Steuersatz: Diese simulierte Jahresrente (25 000 Franken) wird zum übrigen Einkommen des Bezugsjahres (z. B. Gehalt oder AHV-Rente) hinzugerechnet. Daraus ergibt sich ein neuer Steuersatz, der dann auf den gesamten Kapitalbezug angewandt wird.
Wegfall der Sonderregelung: Kapitalbezüge würden nicht mehr separat zu einem tieferen Satz besteuert, sondern wie normales Einkommen behandelt. Kapitalbezüge würden somit einmalig im Auszahlungsjahr zum neuen Steuersatz – zusammen mit dem übrigen Einkommen – besteuert.
Auswirkungen und offene Fragen
Mehr Steuern: Für viele Personen würde die Steuerlast bei Kapitalbezügen steigen, vor allem für den Mittelstand sowie Personen mit hohem Einkommen und/oder Vorsorgekapital.
Unsicherheiten bei Kantonen: Ob auch die Kantons- und Gemeindesteuern angepasst werden, ist unklar. In einer Klarstellung des Eidg. Finanzdepartements findet sich jedoch ein Verweis darauf, dass dies zumindest angedacht ist.
Gefahr fürs Vorsorgesystem: Experten befürchten, dass weniger Menschen in die 3. Säule einzahlen oder Einkäufe in die Pensionskasse tätigen. Dies könnte die Attraktivität einer guten Vorsorge, welche auch im Interesse des Staates durch fiskalische Anreize unterstützt wird, untergraben. Wäre die Folge daraus, dass mehr Leute eine Rente statt Kapital beziehen, wäre die Umverteilung – wie im Interview mit Jörg Odermatt ausgeführt – ein noch grösseres Problem.
Wie geht es weiter?
Diskussionen und Entscheidungsprozess: Der Bundesrat wird im Januar 2025 eine Vernehmlassung starten, bei der Bürger und Bürgerinnen, Organisationen und Parteien Stellung nehmen können. Danach wird das Parlament darüber entscheiden.
Mögliches Referendum: Sollte die Vorlage angenommen werden, könnte ein Referendum ergriffen werden, sodass das Volk über die Änderung abstimmt.
Haltung von PensExpert
Es ist noch nicht sicher, ob die neue Besteuerung kommt und wie sie genau umgesetzt würde. Einige Politiker oder Politikerinnen und Parteien sind kritisch.
Auch die Kantone dürften einen Eingriff in ihre Tarife nur beschränkt goutieren, so haben Luzern und Tessin im Jahr 2024 Senkungen der Steuersätze für Kapitalbezüge beschlossen.
Selbst wenn die Änderungen beschlossen werden, könnten Übergangsregeln eingeführt werden, die bis dahin aufgebaute Guthaben schützen. Auch über ein «Grandfathering» wird diskutiert, wo auch nach Inkrafttreten alle zuvor aufgebauten Guthaben altrechtlich behandelt werden.
Klar ist, dass Einzahlungen in die 2. Säule und die Säule 3a auch zukünftig weiterhin steuerlich abzugsfähig bleiben sollen. Auch an der Befreiung solcher Vorsorgeguthaben von der Vermögenssteuer und der Befreiung von Erträgen daraus bei der Einkommenssteuer soll weiterhin festgehalten werden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Bundesrat nur wenige Wochen nach Erscheinen des Berichts die Möglichkeit von rückwirkenden Einkäufen in die Säule 3a beschlossen hat, was wiederum zu Mindereinnahmen von 100–150 Millionen Franken (Bund) und 200–450 Millionen Franken (Kantone) führen soll. Ab 2026 wird es erstmals möglich sein, versäumte Einkäufe im 3a nachzuholen, bei unseren Produkten «relevate» und «Pens3a» laufen die entsprechenden Vorbereitungen bereits.
Wir bleiben dran und halten Sie über Entwicklungen auf dem Laufenden.
Hier finden Sie einige Berechnungsbeispiele.