Herausforderungen in der Nachfolgeplanung von KMU

Praktische Tipps
In der Schweiz stehen rund 100'000 kleine oder mittelgrosse Unternehmen (KMU) vor der Nachfolgeplanung, und mehr als die Hälfte der Unternehmer sind zwischen 50 und 65 Jahren alt. Die Nachfolgeplanung wird immer komplexer, da unter anderem demografische Veränderungen, wirtschaftliche Unsicherheiten und neue Arbeitsmodelle erhebliche Herausforderungen mit sich bringen. Finanzplaner sollten die folgenden Faktoren frühzeitig berücksichtigen.
16. März 2025
Geschrieben von
Davide Coppola
Co-Leiter Region Mittelland
  1. Demografische Entwicklung und Fachkräftemangel

    Viele Unternehmer befinden sich kurz vor der Pensionierung, wobei gleichzeitig weniger junge Nachfolger zur Verfügung stehen. Familieninterne Nachfolgelösungen werden seltener, da sich jüngere Generationen zunehmend für andere berufliche Wege entscheiden. Aufgrund des Arbeitskräftemangels in vielen Branchen ist es zunehmend schwierig, qualifizierte Fachkräfte zu finden, die das Unternehmen führen können. Die jungen Generationen, insbesondere die Millennials und die Generation Z, bevorzugen oft flexiblere Arbeitszeitmodelle und reduzieren ihr Arbeitspensum im Vergleich zu früheren Generationen. Besonders in der Schweiz zeigt sich dies erheblich:

    Teilzeitarbeit: Bereits etwa 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Teilzeit, vor allem junge Fachkräfte und Eltern. Work-Life-Balance: Jüngere Generationen streben oft nach flexiblen Arbeitszeiten und bevorzugen ein Pensum von 60 bis 80 Prozent.

    Remote- und Projektarbeit: Viele junge Talente wünschen sich mehr Flexibilität und weniger Stunden, als es im traditionellen Vollzeitpensum der Fall ist.

    Verzögerung der Nachfolgeplanung: Der Wunsch nach weniger Arbeitsstunden kann die Übernahme von KMU erschweren, da traditionelle Eigentümer oft volle Verfügbarkeit erwarten.

    Angesichts dieser Veränderungen müssen KMU ihre Arbeitsmodelle anpassen, wenn sie es schaffen wollen, die nächste Generation zu integrieren und langfristig an sich zu binden.

  2. Wirtschaftliche Unsicherheit und steigende Kosten
    Krisen, wie die Covidpandemie, die Inflation und geopolitische Spannungen, haben die wirtschaftliche Unsicherheit erhöht. Die steigenden Kosten für Energie, Rohstoffe und Kredite belasten viele KMU zusätzlich. Für Unternehmen, die kurzfristig Lösungen finden müssen, bleibt wenig Raum für langfristige Nachfolgeplanung.

    Wirtschaftliche Unsicherheit: Volatile Märkte und steigende Finanzierungskosten erschweren es Nachfolgern, das notwendige Kapital aufzubringen.

    Unternehmensbewertung: Unsicherheiten können die Bewertung eines Unternehmens erschweren und den Verkaufserlös mindern, was für die Altersvorsorge von Unternehmern riskant sein kann.

    Viele Unternehmer haben nicht ausreichend für ihre Altersvorsorge getan, da sie auf einen hohen Verkaufserlös gesetzt haben und die Gewinne in der Firma thesaurieren. Finanzplaner sollten dringend frühzeitig in die langfristige Vorsorgeplanung einbezogen werden, damit sie interessante Modelle für Entnahmen aus der Firma aufzeigen können.

  3. Steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen
    Änderungen im Steuerrecht, etwa neue Regelungen zur Kapitalgewinnsteuer oder zur Besteuerung von Dividenden, könnten zukünftige Nachfolgeregelungen erschweren. Auch steuerliche Optimierungen, wie die Umwandlung von Einzelunternehmen in Aktiengesellschaften (AG) oder in Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), erfordern umfassende Planung und Beratung, da es gilt, steuerliche Nachteile zu vermeiden.

    Steueroptimierung: Viele KMU-Inhaber sind nicht ausreichend auf die steuerlichen Konsequenzen einer Unternehmensübergabe vorbereitet. Der Barbestand aus der Unternehmung muss vor dem Firmenverkauf entnommen werden. Welche Entscheidungen sind zu treffen und wie sieht eine solche Besteuerung aus?

    Vorsorgerechtsoptimierung: Oft reichen zehn Jahre vor dem geplanten Verkauf, um mit steueroptimierten Massnahmen Gelder aus der Firma zu nehmen und in die private Altersvorsorge zu überführen.

  4. Fehlende Digitalisierung und Innovationskompetenz
    Viele KMU haben im Bereich der digitalen Transformation Nachholbedarf. Potenzielle Nachfolger erwarten moderne Arbeitsprozesse und digitale Geschäftsmodelle, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Fehlt die digitale Infrastruktur, kann der Unternehmenswert sinken.

    Unternehmenswert und Attraktivität: Ein digitalisiertes Unternehmen ist für potenzielle Nachfolger oft attraktiver, da es modernere Arbeitsweisen und effizientere Prozesse bietet.

    Übergabeprozesse: Digitale Tools ermöglichen eine transparentere Übergabe, da sie eine strukturierte Dokumentation von Prozessen und Finanzen erleichtern.

    Neue Geschäftsmodelle: Viele KMU müssen ihre Geschäftsmodelle an die digitale Transformation anpassen. In der Nachfolgeplanung bedeutet dies häufig Investitionen in Technologien und den Aufbau digitaler Kompetenzen, um den Betrieb für die nächste Generation wettbewerbsfähig zu machen.

    Digitales Know-how der Nachfolgegeneration: Junge Menschen bringen oft digitale Kompetenzen mit, die für die Weiterentwicklung des Unternehmens genutzt werden können. Gleichzeitig müssen sich ältere Generationen darauf einstellen, diese Kompetenzen stärker in die Nachfolgeplanung einzubeziehen.

  5. Wertminderung durch Marktveränderungen
    Der Markt verändert sich schnell, und viele KMU tun sich schwer, mit globalen Entwicklungen und neuen Geschäftsmodellen Schritt zu halten. Unternehmen, die sich nicht frühzeitig auf neue Kundenbedürfnisse und Marktveränderungen einstellen, riskieren eine Wertminderung, was den Nachfolgeprozess erschwert. Besonders KMU in traditionellen Branchen sind hier gefährdet.

  6. Finanzierungsprobleme für Nachfolger
    Die Finanzierung von Unternehmensübernahmen wird immer schwieriger. Banken sind vorsichtiger bei der Kreditvergabe, und vielen potenziellen Nachfolgern gelingt es kaum, das notwendige Kapital aufzubringen. Besonders für junge Unternehmer, die auf Fremdfinanzierung angewiesen sind, sind die Anforderungen sehr hoch.

    Alternative Finanzierungsmodelle: In der Schweiz werden zunehmend Modelle wie Earn-outs oder Beteiligungslösungen diskutiert, um die Finanzierung für Nachfolger zu erleichtern. Holdingmodelle werden oft implementiert, um die Finanzierung sicherzustellen. Auch steuerlich ist diese Lösung attraktiv.

    Finanzplaner sollten Unternehmen dabei unterstützen, alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu entwickeln und die Übergabe finanziell tragbar zu gestalten. Auch hier gibt es viele Wege.

  7. Emotionale und zwischenmenschliche Hürden
    Die emotionale Bindung vieler Unternehmer an ihre Firmen kann die Nachfolgeplanung verzögern. Dies betrifft nicht nur die Unternehmer selbst, sondern auch die potenziellen Nachfolger, die oft mit Erwartungen und Spannungen zu kämpfen haben.

    Kommunikation: Eine erfolgreiche Nachfolge erfordert nicht nur eine fachliche, sondern auch psychologische und zwischenmenschliche Begleitung. Diese Hürde ist für Juniorberater oft die kniffligste beim Eintritt in die KMU-Welt

  8. Mangel an struktureller Vorbereitung im Unternehmen
    Viele KMU sind stark auf ihren Inhaber zugeschnitten und lassen formelle Strukturen oder ein mittleres Management vermissen. Die Abhängigkeit von einer einzelnen Person erschwert die Übergabe. Nachfolger erwarten klare Verantwortlichkeiten und gut dokumentierte Prozesse.

    Organisation: Die Einführung einer soliden Managementstruktur und die klare Dokumentation von Prozessen sind entscheidend für den Erfolg der Übergabe

  9. Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung
    Jüngere Nachfolger legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung. Unternehmen ohne klare Nachhaltigkeitsstrategien sind für diese Generation von Nachfolgern unter Umständen weniger attraktiv.

    Wettbewerbsfähigkeit: Unternehmen, die sich nicht mit ökologischen und sozialen Standards auseinandersetzen, verlieren an Marktattraktivität.



Tipps für eine erfolgreiche Nachfolgeplanung

Ein gut geplanter Nachfolgeprozess ist ausschlaggebend für den Fortbestand eines Unternehmens. Eine massgeschneiderte Finanzplanung sorgt nicht nur für steuerliche und rechtliche Klarheit, sondern hilft auch, die persönliche Altersvorsorge des Unternehmers zu sichern und den Unternehmenswert optimal zu realisieren. Mit dem Finanzplan als Grundlage wird eine Verbindlichkeit geschaffen, die auch für alle zusätzlichen Experten hilfreich ist.

Wichtige Themen sind dabei:

Eine durchdachte Planung erleichtert auch die Finanzierung für Nachfolger, zum Beispiel durch Earn-outs oder Beteiligungsmodelle. So wird die Übergabe nicht nur steuerlich optimiert, sondern auch für die nächste Generation finanziell tragbar und attraktiv.



Zusammenfassung und Ausblick

Die Nachfolgeplanung für KMU wird durch eine Vielzahl von wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Herausforderungen geprägt. Finanzplaner spielen eine Schlüsselrolle bei dem Anliegen, Unternehmer auf die Herausforderungen vorzubereiten und die langfristige Nachfolge mithilfe massgeschneiderter Finanz- und Steuerplanung zu sichern. Eine frühzeitige und ganzheitliche Planung ist entscheidend, damit die Attraktivität des Unternehmens gewahrt wird und der Übergang für Nachfolger möglichst leicht fällt. Die enge Zusammenarbeit mit Fachleuten – wie Finanzplanungsexperten, Steuerberatern, Nachfolgeberatern und Mediatoren – ist unerlässlich, damit sowohl die wirtschaftlichen als auch zwischenmenschliche Hürden gekonnt überwunden werden.

Geschrieben von
Davide Coppola
Co-Leiter Region Mittelland